Das Kindermädchen 1990
Überblick: Als Phil und Kate endlich Nachwuchs bekommen, ist ihr Familienglück perfekt. Damit Kate weiter arbeiten gehen kann, engagieren sie das Kindermädchen Camilla für ihren kleinen Sohn Jake. Und zunächst scheint Camilla die perfekte Wahl zu sein, denn sie kümmert sich rührend um das Baby. Nur hat diese Kinderliebe und Fürsorge dunkle Wurzeln. Denn Camilla ist in Wahrheit kein menschliches Wesen, sondern eine druidische Hexe. Und Jake wäre nicht der erste Säugling, welchen das Kindermädchen den Bäumen zum Opfer bringt ...
Kommentar
Phil (Dwier Brown) und Kate (Carey Lowell) sind jung, verliebt und stecken derzeit mitten in den Planungen für ihre gemeinsame Zukunft. Ein schickes Häuschen mit sympathischer Nachbarschaft ist schon gefunden und auch über mangelnden Nachwuchs können die Beiden nicht klagen: Ihr gemeinsamer Sohn ist vor wenigen Wochen auf die Welt gekommen und erfreut sich bester Gesundheit. Da Phil und Kate jedoch beide berufstätig sind, machen sie sich alsbald auf die Suche nach einem vertrauenswürdigen Kindermädchen, das ihren Sprößling in der kommenden Zeit unter der Woche hüten soll. Nachdem die ersten Bewerber nicht so ganz den gesetzten Vorstellungen entsprechen, taucht mit Camilla (Jenny Seagrove) wie aus dem Nichts die scheinbar perfekte Anwärterin auf. Die überaus gutaussehende Frau versteht sich auf Anhieb bestens mit dem Kleinen und scheint auch sonst alles über den Umgang mit Säuglingen zu wissen. Ohne zu zögern stellen Phil und Kate das Kindermädchen ein, nichtsahnend, wen sie sich damit tatsächlich ins Haus geholt haben. Hinter der unscheinbaren Fassade steckt die fanatische Anhängerin eines heidnischen Kultes, der einer dämonischen Baumgottheit regelmäßig Menschenopfer in Form von Babys darbringt.. Leider darf das Verhältnis zwischen unrechtmäßig zu Ruhm gekommenen Filmen und unverdient in Vergessenheit geratenen Titeln innerhalb des Horrorgenres als recht unausgewogen betrachtet werden. Während so manche Trash-Heuler noch heute jedem zweiten Filmfan ein Begriff sind, sind auf der anderen Seite einige Perlen so gut wie in Vergessenheit geraten. Der im Jahr 1990 gedrehte Horrorfilm "The Guardian", hierzulande in "Das Kindermädchen" umbenannt, ist definitiv ein sehr gutes Beispiel für einer jener Streifen, die weitaus mehr Anerkennung verdient hätten, als ihnen letztendlich zuteil geworden ist. Erwähnenswert ist dabei sicherlich der Fakt, dass sich kein geringerer als William Friedkin für dieses Werk verantwortlich zeichnete, der 17 Jahre zuvor mit "Der Exorzist" einen der ganz großen Klassiker des Genres ablieferte und mit "Das Kindermädchen" endlich zum Horrorfilm zurückfand. Die Frage, die sich dem einen oder anderen Genre-Liebhaber an dieser Stelle unweigerlich stellen dürfte ist vermutlich die, inwiefern Friedkin bei seiner Rückkehr zum Horrorfilm an die Qualitäten jenes Werkes heranreichen konnte, das ihm einstmals zu Berühmtheit verhalf und auch heute noch als einer der wichtigsten Vertreter des Genres genannt wird. Nun, darauf lässt sich im Grunde nur erwidern, dass mit "Das Kindermädchen" ein rundum gelungener Film entstand, der allen Erwartungen mehr als gerecht werden dürfte und auch dem Exorzisten in nichts nachsteht. Auch dieser Film greift eine okkulte Thematik auf und konfrontiert ein glückliches, junges Paar mit den Machenschaften einer Wahnsinnigen, die im Auftrag einer Druiden-Gottheit Babys opfert. Zugegeben: Das mag auf dem Papier etwas abstrakt und weit hergeholt klingen und den Streifen alleine schon deshalb in eine etwas trashige Ecke bugsieren, doch "Das Kindermädchen" erwehrt sich aller Vorwürfe und Klischees und erweist sich als ernster und absolut atmosphärischer Horrorfilm. Eine gut durchdachte Handlung, glaubhafte Charaktere und schweißtreibende Spannungsmomente finden hier ebenso ihren Platz wie unerwartet drastische Splatterszenen, die nicht selten in wahren Blutfontänen münden. Kurz gesagt präsentiert Friedkin seinem Publikum hier alles, was sich dieses von einem Horrorfilm erhoffen kann. Die Tatsache, dass man der Geschichte in ihren knapp 90 Minuten an Spielzeit bereitwillig folgt, lässt sich zu Beginn damit begründen, dass die Charaktereinführung außerordentlich gut geglückt ist. Natürlich bleibt auch das im Rahmen eines Horrorfilms und so ist nicht mit sehr viel Tiefgang zu rechnen, doch gerade für Genre-Verhältnisse baut das Publikum eine annehmbare Sympathie zu dem Pärchen Phil und Kate auf, die sich mit ihrem schönen Häuschen und dem Nachwuchs den Traum vieler Liebender erfüllen. Sobald allerdings das Kindermädchen Camilla in das Geschehen eintritt, schlägt der Film sofort bedrohliche Töne an und lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass eine immense Gefahr von dieser vordergründig freundlichen und gutaussehenden Frau ausgeht. Immer weiter wird die Atmosphäre daraufhin ausgebaut, wofür sämtliche Register gezogen werden. Beunruhigende Kameraspiele und unheimliche Musikuntermalungen sind hier perfekt aufeinander abgestimmt, aus inszenatorischer Sicht lässt der Film also keine Wünsche offen. "Das Kindermädchen" unterhält gerade dadurch, dass die Spannung hier ebenso durch eine atmosphärische Handlung, wie auch durch eine unerwartete Schonungslosigkeit aufgebaut wird. So wird Camilla in einer Szene beispielsweise von drei Halbstarken angegriffen und kann sich mit knapper Not in einen Wald flüchten, wo sich die Bäume in bester "Tanz der Teufel"-Manier daraufhin der drei Fieslinge annehmen und munter Körper zerquetschen, Gliedmaße durchbohren oder Köpfe zum zerplatzen bringen. Wenn Phil dann im Finale zur Kettensäge greift und einen Baum zersägt, der dies mit der Ausschüttung von dutzenden Litern Blut quittiert, dann erinnert auch das an diverse berüchtigte Splatterfilme und lässt sogar Erinnerungen an die legendäre Rasenmähersequenz aus Peter Jackson's "Braindead" wach werden. "Das Kindermädchen" stellt also souverän unter Beweis, dass auch ernsthafte und atmosphärische Horrorfilme mit einer soliden und ernsthaften Handlung in der Lage sind, Unmengen an Blut zu vergießen, ohne dadurch lächerlich zu wirken oder an Glaubwürdigkeit zu verlieren. Eine Szene, die jedoch heraussticht und in der Erinnerung des Publikums haften bleibt ist die, in der ein Bekannter von Phil und Kate des Nachts Zeuge eines unheimlichen Rituals Camilla's wird und dadurch ihre wahre Gestalt erkennt. Anschließend wird der Mann von einem Rudel Kojoten gehetzt und kann sich nur knapp in sein Haus retten, wo der Schrecken für ihn jedoch noch kein Ende hat. Lauernd umschleichen die Kojoten zu Dutzenden das Haus, in dessen Innern ihr eingekreistes Opfer panisch jedes Geräusch und jeden Schatten wahrnimmt. Diese mehrminütige Sequenz ist eine Meisterleistung des ebenso subtilen wie greifbaren Horrors und treibt dem Zuschauer bis zu ihrem blutigen Höhepunkt mehr als nur einmal die Schweißperlen auf die Stirn. "Das Kindermädchen" bietet also eine gut durchdachte Kombination aus Atmosphäre, Spannung und Blut, zu der auch ausnahmslos überzeugende Schauspieler ihren Teil beitragen. Jenny Seagrove schien bereits durch ihren kalten und emotionslosen Blick für die Rolle der Camilla prädestiniert gewesen zu sein und legt eine unheimliche Leistung an den Tag, während man auch Dwier Brown und Carey Lowell ihre Rollen als verliebtes Paar sofort abnimmt. In kleineren Rollen überzeugen desweiteren noch Schauspiel-Urgestein Miguel Ferrer und Woody Harrelson-Lookalike Brad Hall. Fazit: "Das Kindermädchen" ist ein zu Unrecht in Vergessenheit geratenes Kleinod des Horror-Genres, das mit allem daherkommt, was einen solchen Film ausmacht. Subtiler Grusel findet sich hier ebenso wie drastische Gore-Effekte und eine stets spannende Geschichte. "Der Exorzist"-Regisseur William Friedkin lieferte hier 90 absolut spannende und unterhaltsam-schaurige Minuten ab, die auch von jedem Fan des Genres bereitwillig investiert werden sollten.