X-Men: Erste Entscheidung 2011 Erlebe den Moment, der unsere Welt verändern wird.
Überblick: Der junge Professor Charles Xavier, in seinen Zwanzigern, mit üppiger Haarpracht und zu Beginn des Films noch nicht im Rollstuhl, studiert in Oxford und trifft auf den gleichaltrigen Erik Lensherr. Beide sind Mutanten mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Gemeinsam erdenken sie eine Zukunft, in der Mutanten und Menschen vereint leben können. Als das Wohl der Welt auf dem Spiel steht, kämpfen sie mit vereinten Kräften und der Hilfe von anderen Mutanten gegen die drohende Gefahr des Hellfire Clubs mit Emma Frost und Sebastian Shaw. Erst im Laufe dieses Kampfes werden die beiden zu den Todfeinden der vorherigen Filme.
Kommentar
Prequels braucht ja eigentlich kein Mensch, weil letztendlich der Plot immer mit etwas gefüllt werden muß, das am Ende auf das hinausläuft, was man sowieso schon weiß. Matthew Vaughns "X-Men: First Class" ist dabei nicht unbedingt die Ausnahme, schließlich weiß man sehr gut, daß die zarten Bande zwischen Dr. Charles Xavier und Eric Lehnsherr alias "Magneto" früher oder später wieder reißen werden, um sie zu den bekannten Erzfeinden der ersten originalen Trilogie zu machen. Auch daß der junge Xavier hier noch auf seinen eigenen Beinen läuft, gibt Anlaß zu Erwartungen, daß man da einer größeren Katastrophe entgegensehen darf. Dennoch: "Erste Entscheidung" funktioniert doch überraschend gut, weil eben die Verlagerung auf ein anderes zeitliches Terrain - speziell die 60er Jahre zur Zeit der Kubakrise - die Möglichkeit beläßt, ein Handlungstableau zu entwickeln, das soweit vor den bekannten Ereignissen liegt, daß man es mit Eigenleben anfüllen kann. Wie die "X-Men" aus den Comics, die seit den 60ern so manche Metamorphose durchlaufen haben, haben auch die filmischen X-Men ihre ganz eigenen Vätergenerationen und präsentieren sich angefüllt mit anderen Mutanten, als jene, die man erwarten durfte und das zeitgeschichtliche Kolorit, mitten im Kalten Krieg und angefüllt mit Kommunistenangst und männlicher Überheblichkeit bietet zu den bekannten Versatzstücken einen unterhaltsamen Gegensatz. Neben den bereits genannten Verhältnissen greift Vaughns Film endlich die Vorgeschichte des jüdischen "Erzschurken" Magneto auf, dessen Mutter im KZ ermordet wurde und der dort seine Kräfte entdeckte, um von einem sadistischen Wissenschaftler in der Folge malträtiert zu werden, um danach nie wieder vergebende Züge an sich entdecken zu können. Ein bißchen platt daran ist die Wahl von Kevin Bacon als Nazi-Scherge, der sich später zum Bösewicht des Films, Sebastian Shaw weiterentwickelt, schon, unterliegt man doch hier sehr dem Typecasting, aber selbst die daraus resultierenden Verhältnisse konkurrierender Mutantengruppen, die ja in jedem der Filme vorkommen, haben einen gewissen Reiz. So wird also ein gutes Dutzend neuer Mutanten zum Leben erweckt, wenn auch mit Fähigkeiten, die man in ähnlicher oder leicht abgewandter Weise schon aus anderen Filmen kennt. Mit dem Prototyp der Zerebro-Maschine überall auf der Welt gefunden, stellt man also sein ganz eigenes X-Team zusammen, während die Bösen hinter den politischen Kulissen die Fäden ziehen, um einen Atomkrieg künstlich herbeizuführen. Bei dieser Sammelaktion schaut dann auch für ca. 10 Sekunden Hugh Jackman als Wolverine in einem Cameo vorbei - es ist aber erfreulich, daß der Plot den Gastauftritt nicht nötig hat, um für Aufmerksamkeit zu sorgen, zu abwechslungsreich sind die vielen Figuren auf beiden Seiten. Beim Look orientiert sich Vaughns Team sichtlich an den frühen Bondfilmen und beweist eine bemerkenswerte Stilsicherheit, während die eher noch unbekannten Gesichter mittels des spritzigen Skripts zunehmend an Profil gewinnen. Kontinuität zu der Originaltrilogie ist nicht unbedingt gefragt, offenbar wurde der Film mehr als eine Art Reboot angesehen, der eben Parallelen und Gemeinsamkeiten betont, aber jetzt nicht buchstaben oder panelgetreu den Vorbildern folgt. Ein Erlebnis sind auf jeden Fall James McAvoy als "Womanizer" Xavier und der still vor sich hinbrodelnde, immer passende Michael Fassbender als Magneto, die sich die Bälle zuspielen, ohne den Film an sich zu reißen. Sehr ausbaufähig auch die Leistung des aufkommenden Stars Jennifer Lawrence, die hier der später "bösen" Mystique zu einem sehr menschlichen Unterbau verhilft, während Nicholas Hoult als Hank McCoy alias "Beast", den man ja noch verstärkt aus dem dritten X-Men-Film kennt, die erwartbaren Verhältnisse auf den Kopf stellt und sich als alleskönnender Daniel Düsentrieb darbietet, obwohl er später ja eher politisches Talent entwickeln sollte. Auch bei den weiblichen Supportern können Rose Byrne (als Agentin) und January Jones (bei den Bösen) punkten, der Rest der Figuren ergänzt die Erwartungen nach Superkräften. Dabei hat man alles, was auch früher schon im Angebot war. "Storm" ersetzt durch "Riptide", "Cyclops" durch "Havok", "Nightcrawler" durch "Azazel". Das Sahnehäubchen dabei bleiben die fliegenden Mutanten Angel und Banshee, die sich zum Finale einen krachenden Zweikampf in den Lüften bieten, der so schön bei den japanischen Godzillafilmen abgeguckt ist, daß es einfach ein Vergnügen ist. Aus den Nebenrollen, allen voran Oliver Platts CIA-Vertrauensmann, hätte man zwar etwas mehr machen können, aber da das Hauptgewicht nicht so sehr auf den Effekten an sich, sondern mehr auf ihrer Wirkung auf die Figurendynamik liegt, fällt das zum Glück nicht allzu lange negativ auf und führt zu einer interessanten Variante, wie die Kuba-Krise auch hätte laufen können. Alles in allem rollt "First Class" wie ein Uhrwerk, behält aufgrund seines großen Casts immer noch eine Überraschung in der Hinterhand und unterhält mit guten und ebenso gut gespielten Wendungen. Als Basis für eine Fortsetzung übrigens ideal - als nächstes könnte man dann mal einen Blick auf die wilden 70er werfen. Dann klappts auch ohne Hugh Jackman.