Possession - Das Dunkle in Dir 2012
Überblick: Die mysteriöse antike Holzschachtel, die Em auf einem Flohmarkt erworben hat, erweist sich als fataler Erwerb, der ihrer Vorbesitzerin beinahe das Leben kostete. Zwar bemerkt ihr Vater Clyde seltsame Verhaltensveränderungen, ist aber zu sehr mit der Scheidung von seiner zickigen Frau beschäftigt, um das wahre Schreckensausmaß zu begreifen, das in der Box lauert. Darin sitzt ein uralter Dämon, der es auf Körper und Seele seiner wenig pflegeleichten Tochter abgesehen hat. Und nur ein orthodoxer Rabbiner kann den tödlichen Spuk beenden...
Kommentar
Clyde (Jeffrey Dean Morgan) und Stephanie (Kyra Sedgwick) haben sich scheiden lassen. Am Wochenende holt er seine zwei Mädchen Hannah (Madison Davenport) und Em (Natasha Calis) zu sich. Da Clyde seine Töchter selten sieht, fällt es ihm schwer, den beiden einen Wunsch abzuschlagen: Regelmäßig gibt es Pizza zum Abendessen und auch sonst tut er alles, damit Emily und Hannah in seiner Gegenwart so glücklich wie möglich sind. Bei einem Flohmarktbesuch ersteht die kleine Em ein antikes Kästchen. Das Mädchen ist begeistert von ihrem neuen »Schatz«. Doch die Box birgt ein düsteres Geheimnis: In ihr haust ein uralter Dämon, der nur darauf wartet, wieder entfesselt zu werden und die Kontrolle über sein nächstes menschliches Opfer zu übernehmen. Es besteht keine Gefahr, so lange der Dibbuk in seiner Kiste gefangen ist. Doch Em hat den Deckel geöffnet, und einem Parasiten gleich hat sich der teuflische Insasse bereits tief in seinen unschuldigen Wirtsorganismus gebohrt. Ihrem Vater Clyde fällt dies anfangs nicht auf, doch immer mehr unerklärliche Zwischenfälle häufen sich. Darum stellt Clyde Nachforschungen an und findet heraus, was die Truhe wirklich ist. Laut der jüdischen Folklore wurden in solchen Kisten böse Geister eingesperrt. Nun weiß er, wogegen er zu kämpfen hat, aber hat er überhaupt eine Chance, seine Tochter aus den Klauen des Dämons zu befreien? Der dänische Regisseur und Filmproduzent Ole Bornedal ist den meisten Kinogängern vor allem durch seinen Debüt-Film »Nightwatch - Nachtwache« (1994) ein Begriff und mit weiteren ähnlich gearteten Filmen seither Stammgast auf etlichen Fantasy Filmfestivals gewesen. Nach den zwei letzten Arthouse-Produktionen »Deliver Us From Evil« und »Just Another Love Story« hat sich Bornedal bei seiner zweiten Hollywoodarbeit eine ganz große lebende Horrorregielegende geangelt: Kein geringerer als Sam Raimi (»Tanz der Teufel«, »Drag Me To Hell«) wurde von ihm als Produzent angestellt. Dieser Umstand allein läßt schon Großartiges erahnen. Bornedal ließ sich bei seiner Arbeit von einem Artikel der Los Angeles Times (»A jinx in a box») inspirieren, der 2004 erschien und sich mit einer mysteriösen Holzkiste beschäftigte, die auf Ebay versteigert wurde. Das brachte den Regisseur auf die Idee, einen weiteren Anwärter für einen würdigen Exorzisten-Nachfolger zu inszenieren. Wer also William Friedkins zeitloses Horror-Meisterwerk »Der Exorzist« oder einen der vielen ähnlich gelagerten Ableger wie »Der letzte Exorzismus« oder »Der Exorzismus von Emily Rose« gesehen hat, weiss ungefähr, was in hier erwartet. Auch wenn das Drehbuch nur wenig Spannung verursacht, so ist »Possession – Das Dunkle in Dir« recht gut inszeniert worden. Lange Zeit mutet »The Possession« wie ein Familiendrama an, aus dem sich der Horror als Manifestation zwischenmenschlicher Probleme erst herausschälen muss. Dies geschieht mit Anleihen bei »Amityville Horror« und vor allem »Der Exorzist«. Die Atmosphäre stimmt und es begleitet einen ständig ein unwohles Gefühl. Hier sollten die Garagen-Szene oder die bedrohliche MRT-Szene erwähnt werden sowie das Ende, welches durch sein Lichtspiel mehr als atmosphärisch und spannend ist. Man wartet aber leider vergeblich auf den großen Schocker und wirklich Grusel bietet der Film auch nicht. Die Effekte hingegen sind großartig. Man merkt kaum, dass mit dem Computer gearbeitet wurde, was wahrscheinlich auf Raimis Konto gehen dürfte. Besonders die verdrehten Augen lassen es einem eiskalt den Rücken herunterlaufen. Es ist doch schön zu sehen, dass man sowas auch mit einem relativ geringen Budget von 14 Mio. Dollar hinbekommen kann! Der Score sticht ebenfalls hervor, da die beklemmende Atmosphäre musikalisch sehr gut eingefangen wird. Ob Manko oder genialer Clou muss man selbst entscheiden, aber der Zuschauer wird wohl ein bisschen Zeit benötigen, sich daran zu gewöhnen, dass oft ein abprubter Cut kommt gefolgt von einer Überblendung und einem immer wiederkehrenden, bedrohlichen Sound, der von schönen Kamerafahrten begleitet wird. Verantwortlich für die stimmungsvollen Aufnahmen ist Bornedals Hauskameramann Dan Laustsen, sein angenehm ruhiger, klassischer Aufbau des Films und die Tatsache, dass der Regisseur seinen Terror nicht durchgehend bierernst verkaufen will, sondern auch einige humorvolle Einlagen in das böse Treiben einwebt. Schön wäre es jedoch gewesen, wenn man ein wenig mehr über die Mythologie des Unholds erfahren hätte. Manchmal reicht es schon, die furchtbaren Hintergründe der Geschichte darzulegen, um die Nackenhaare der Zuschauer aufzustellen – das kann effektiver sein, als die teuersten Special Effects oder lautesten Geräuschattacken. Dass sowohl Bornedal, als auch Raimi dieses Spiel besser beherrschen, haben sie schon mehrfach bewiesen. Vielleicht ja wieder beim nächsten Mal. Für den Film hat sich Regisseur Ole Bornedal ganz erfahrene Seriendarsteller geangelt. So schlüpfen Jeffrey Dean Morgan (»Grey’s Anatomy«, »Supernatural«), der zunehmend in großen Kinofilmen zu sehen ist, und Kyra Sedgwick (»The Closer«) in die Rollen der Eltern der kleinen Em. Beide sind wirklich ein Lichtblick und spielen überzeugend, wobei Jeffrey Dean Morgans Charakter sich durch mehr Screen-Time besser entfalten kann und auch mehr Substanz hat. Überzeugen kann jedoch auch Natasha Calis als besessene Em, die zeitweise erschreckend glaubhaft spielt. Fazit: Der religiös angehauchte Schocker um ein besessenes Mädchen ist gut gemachter Dämonengrusel mit einer durchwegs überzeugenden und sympathischen Hauptdarstellerin. Fans von Exorzismusfilmen kommen besonders in der zweiten Hälfte des Films voll auf ihre Kosten. Manches fühlt sich allerdings an, als hätte man ähnliches bereits zig Mal gesehen.